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Wir stellen die symbiontische Lebensform “Zyklisch übertragener Parasit“ in den Mittelpunkt und beginnen mit der Malaria, weil sie am gründlichsten untersucht und am besten bekannt ist. Die folgende Onchozerkose bildet ein Gegenstück: Der Parasit ist metazoisch, seine Larven befinden sich in der Gewebslymphe der Haut, die Überträger-mücken brüten in schnell fliessenden Gewässern, sind tagaktiv und orientieren sich vornehmlich optisch.
Wir fragen, weshalb sammeln sich bei bestimmten Filarien die Larven in der Lunge an, wo sie niemals einen Vektor erreichen, oder weshalb verdriften die Eier der Schistosomen in die Leber oder dringt die Ruhramöbe ins Gewebe ein, obwohl der Parasit dadurch allenfalls sein Überleben gefährdet .
Parasiten muss der Biologe wertungsfrei betrachten. Nur so versteht er die die ihnen eigentümlichen Gesetzmässigkeiten, die Voraussetzung für neue Wege zur Vorbeugung und Bekämpfung.
Die mikrobiellen Seuchen, Fleckfieber, Tsutsugamushi-Fieber, Rückfallfieber und Felsengebirgsfieber, Pest und Gelbfieber wurden aufgenommen, weil ihre Epidemiologie und Bekämpfung von der Biologie ihrer Vektoren bestimmt werden. Das Trachom weist auf die Bedeutung sauberen Wassers hin.
Arachno-Entomologie und Malakologie wecken Kenntnisse aus der allgemeinen Zoologie, bezogen auf Vektoren bzw. Zwischenwirte.
In der Allgemeinen Biologie des Parasitismus unterscheiden wir Alternativ- und Balance-Strategen, je nachdem, ob das gemeinsame Überleben, die Koexistenz von Parasit und Wirt über Generationen, oder bereits im individuellen Leben des Wirtes erreicht wird.
Die Fähigkeit eine Resistenz zu steigern, wird beim Immunsystem der Vertebraten erinnert, jedoch nicht vererbt; beim Internen Abwehrsystem der Invertebraten ist sie ererbt und wird nicht erinnert. Dies hat epidemiologische Konsequenzen.
Die Gewichtung der Krankheitslast (Disability Adjusted Life Year; DALY) ist bei Parasitosen mit eukaryotischen Erregern das adäquate Kriterium ihrer wirtschaftlichen Bedeutung.
Parasiten verteilen sich in ihren Wirten negativ-binomial. In der Statistik erklären wir diese Verteilung; ohne sie können Experimente mit Parasitosen quantitativ nicht kritisch beurteilt werden.
Die Entstehung des Parasitismus in der Evolution und seine Bedeutung als Antrieb der Evolution sprechen den Biologen an. Die Grundregeln einer Bekämpfungsaktion sollten ihm bekannt sein. Parasitenwahn wird ihm immer wieder begegnen.
Parasiten sind beliebte Modelle für die molekularbiologische Grundlagenforschung. Die Antigenvariation bei Trypanosomen oder die Pathogenität bei Amöben dienen als Beispiel für genetische und medizinisch relevante Aspekte. Hinter dieser komplizierten und für den Anfänger verwirrenden Komplexität erkennen wir biologisch- parasitologische Gesetzmäßigkeiten: Immunevasion, Immun- balance oder Immunsupression sind verschiedene Wege zum selben Ziel, nämlich der anhaltenden Besiedlung eines Wirtes.
Die Konzeption des Buches folgt den integrierten Vorlesungen und Kursen, die wir seit über drei Jahrzehnten für Studierende der Biologie in Tübingen abhalten. Der Komplex Erreger-Überträger-Endwirt wird nicht in Protozoologie, Helmithologie und Entomologie / Malakologie zerhackt, sondern unter ökologischen Gesichtspunkten vereinigt.
Erschienen im November 2003
Georg Thieme Verlag
ISBN 3-13-135461-5
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