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Amoebiasis

Die erste eindeutige Beschreibung der Ruhramöbe stammt von F. Lösch (1875) auf Grund von Untersuchungen an einem russischen Bauern aus St. Petersburg. Später erkannten H. J. Quincke und E. Roos (1893) in Kiel anhand eines einzigen, gründlich untersuchten Falles mit Dysenterie alle wichtigen mikroskopisch erkennbaren Eigenschaften von E. histolytica im Vergleich zur apathogenen E. coli bei Infizierten ohne Erkrankung. Offenbar lag zufällig eine singuläre Infektion ohne andere begleitende kommensalische Amöben vor. Ihre Ergebnisse wurden 20 Jahre lang ignoriert, weil F.R. Schaudinn, der Begründer der Protozoologie, sie nicht reproduzieren bzw. bestätigen konnte. Er wollte dagegen eine asexuelle Knospung und daneben eine sexuelle Fortpflanzung beobachtet haben. Er benannte 1903 die pathogene Spezies als Entamoeba histolytica, die daneben vorkommende, mikroskopisch sowohl als Amöbe und als auch als Zyste klar unterscheidbare, nicht pathogene Art als E. coli, obwohl Lösch die pathogene Amöbe erstmals beschrieben und E. coli genannt hatte. Schaudinn starb, noch nicht 35 Jahre alt, allem nach an den Spätfolgen von mehreren Selbstversuchen mit Amöben.

Die fakultative Pathogenitat von E. histolytica konnte E.L. Walker auf den damals US-amerikanischen Philippinen mit Infektionsversuchen an Freiwilligen 1910-1913 in Manila in einer erschöpfenden Studie nachweisen. Von 20 erstmals Infizierten Versuchspersonen schieden 18 Zysten aus, aber nur 4 erkrankten manifest. Die Inkubation war mit 1-44 Tagen erstaunlich variabel. In einem Fall konnte er durch Übertragung von Zysten bei drei Personen nacheinander jeweils eine symptomlose Infektion erzeugen; erst bei der vierten Person entstand eine manifeste Amöbendysenterie.

Ausbrüche von Dysenterie bei den britischen Truppen vor Gallipoli und im Mittleren Osten während des 1. Weltkrieges veranlassten intensive Studien von Pathologen, welche die Darmläsionen und Leberabszesse beschrieben. Außerdem gelang erstmals die Kultur in vitro auf Medien mit Extrakten aus geronnenem menschlichen Blut. In einer umfassenden Monographie beschrieb C. Dobell 1919 alle weiteren neben E. histolytica im Darm des Menschen außerdem zu findenden kommensalischen Amöben.

Im Selbstversuch erwarb Albert Westphal (1937) durch Einnahme von Zysten eines symptomlosen Spenderpatienten zunächst eine apathogene Infektion mit Ausscheidung der dafür typischen Minuta-Formen und Zysten. Durch eine nachfolgende Einnahme der zuvor kultivierten, amöbenfreien bakteriellen Darmflora eines manifest mit Amöbendysenterie Erkrankten, führte er seine apathogene Infektion in eine pathogene Amoebiasis mit Ausscheidung der typischen Magna-Formen über. Die Bakterienkultur allein löste bei einer Kontrollperson nur eine vorübergehende Dysenterie aus. Im Tierversuch mit Meerschweinchen konnte der Übergang zur invasiven Amoebiasis mit niedermolekularen Extrakten aus der eine Pathogenitat induzierenden Bakterienfauna reproduziert werden.

Erst Studien mit molekulargenetischer, biochemischer und immunologischer Technik rechtfertigten es, bei der häufigen, meistens nicht pathogenen Amoebiasis eine besondere Art E. dispar, wie von E. Brumpt (1925) vorgeschlagen, anzunehmen. Mittels Analyse von Isoenzymen, monoclonaler Antikörper, der Analyse von DNA und weiterer genetischer Verfahren, waren Isolate von Patienten mit pathogener bzw. nicht pathogener Amoebiasis in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle den beiden Arten zuzuordnen (Mirelman, 1987; Diamond & Clark, 1993).

Allerdings ist die Lyse von Zellen durch E. histolyica s. str. in vitro von der Dichte der Zielzellen abhängig (Leippe & Tannich 1997). Offenbar steuern exogene Faktoren über die Dichte der Mikrofauna im Mukus des Darmes das genetische Programm der Amöben, d.h. deren Wechsel in der Ernährung von Bakterien zu Roten Blutzellen und Zelltrümmern. Auch bei Infektionen durch E. histolytica s.str. erleiden nur 10 % der Befallenen eine Gewebsinfektion.

Auf Grund von epidemiologischen Untersuchungen von J. Blessmann und Mitarb. (2002) in Thua Thien Hue/ Süd-Vietnam heilen Infektionen mit E. histolytica s.str. in etwa 5 Jahren von selbst, wenn Reinfektionen ausgeschlossen sind. Gewebsinfektionen mit Kavernen in der Leber findet man nur bei Erwachsenen, meistens in Alter von 36 bis 40 Jahren. E. dispar und E. histolytica s.str. erscheinen höchst selten zusammen in derselben Person. E. dispar begleiten meistens noch zwei bis drei andere intestinale Protozoen, was bei E. histolytica s.str. nicht der Fall ist.

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