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Gelbfieber

Gelbfieber ist eine Infektionskrankheit gegen die eine hochwirksame Prophylaxe möglich ist, aber so gut wie keine Therapie. Die Letalität ist mit 2/3 erschreckend hoch, den Tod erleidet der Betroffene unter schweren Angstzuständen bei vollem Bewusstsein. Die Entdeckungsgeschichte des Gelbfiebers charakterisiert seine Eigenheiten besonders anschaulich.

Die ersten zuverlässigen Berichte der Neuzeit über Gelbfieber stammen aus Mittelamerika. Die spanischen Eroberer, die Conquistadores, blieben aber verschont. Das natürliche Reservoir des Erregers befindet sich nämlich in baumlebenden Affen. Wurden z.B. zur Reparatur der Schiffe an der Küste oder zum Bau von Blockhäusern Bäume gefällt, so fielen die Mücken aus den Baumkronen auch die dazu eingesetzten Indianer an und infizierten sie mit Gelbfieber. Für eine weitere Übertragung am Boden fehlte der Kontakt mit dem geeigneten Vektor: Die kämpfenden Eroberer zogen in die höher gelegenen, kühleren und somit von Gelbfieber freien Gegenden. Daraus folgerte man später, der Erreger sei mit den Sklaven aus Afrika eingeschleppt worden. Tatsächlich besitzt die aztekische Bilderschrift Zeichen für den Vomito negro, das schwarze Erbrechen, ein für Gelbfieber typisches Symptom. Auch Skulpturen der Maya stellen dies dar. Die Wanderungsbewegungen der Tolteken, Azteken und Maya in vorkolumbianischer Zeit (um 1000 n. Ch.) hingen mit der Auslaugung der Ackerböden, aber ziemlich sicher auch mit dem Gelbfieber zusammen. Noch kurz vor dem Eintreffen der Eroberer (Cortez 1519-21) erwähnt die Chronik von Tizmin eine verheerende Gelbfieber-Epidemie unter den Maya in Yukatan (1497-1517).

Wurde in der Zeit der Weltentdeckung das Gelbfieber mit einem infizierten Matrosen, etwa während dessen Inkubation, an Bord genommen, so gab es auch auf hoher See kein Entrinnen. Mitunter erlag die gesamte Mannschaft dem Gelbfieber. Die Sage vom Fliegenden Holländer gründet auf Schiffen, die nur noch mit Toten bemannt, in der Karibik trieben. Es lag nahe, deshalb auf ein infektiöses "Kontagium" zu schließen. Tatsächlich brüteten die übertragenden Mücken im Kondenswasser, das sich im Kielraum des Schiffes sammelte. Als sich bis zum 19. Jahrhundert immer größere Hafenstädte entwickelten, ereigneten sich dort regelmäßig jahreszeitlich bedingte Epidemien mit Tausenden von Opfern.

1901 wurde Kuba nach rund 390 Jahren spanischer Kolonialherrschaft offiziell eine Republik unter Schutzherrschaft der USA. US-Truppen besetzten schon in den Jahren zuvor während der Kreolen-Aufstände nach und nach die Hafenplätze. In diesen unruhigen Zeiten (spanisch-amerikanischer Krieg 1898) haben US-amerikanische Militärärzte ihr Leben gewagt, um die Übertragung des Gelbfiebers aufzuklären.

Carlos J. Finley, ein amerikanischer Augenarzt registrierte 1833 in Habana/Kuba die einzelnen Fälle zu Beginn der jährlichen Epidemien: Ein zweiter Fall trat gewöhnlich erst nach 14-18 Tagen auf und zwar zumeist in der näheren Umgebung des ersten Falles, jedoch fast nie in derselben Hausgemeinschaft. Er schloss auf ein Agens, das auch außerhalb des Kranken existieren kann ("externe Inkubation") und sich möglicherweise in Moskitos aufhält. Henry R. Carter, aus Virginia hat am Ende des Jahrhunderts als US-Amtsarzt mit entsprechenden Untersuchungen in Habana diese Beobachtungen bestätigt.

1881 traten Finlay und 1900 auch Carter mit ihrer "Mosquito-Theory" an die wissenschaftliche Öffentlichkeit Habanas, wurden jedoch nicht ernst genommen. 1898 versuchte W. Gorgas als leitender US-Sanitätsoffizier in Habana, die Bevölkerung der Stadt ganz allgemein zu größerer Sauberkeit anzuhalten, um damit Gelbfieber und Malaria einzudämmen. 1900 ereignete sich jedoch eine der größten Gelbfieber-Epidemien unter 25 000 neu eingewanderten Spaniern, wobei das Gelbfieber in den sauberen Stadtteilen am schlimmsten wütete. Carter überzeugte daraufhin Gorgas von seiner Moskito-Theorie. Dieser stellte seine Strategie gänzlich um und begann im März 1901 alle, auch kleinste Wasserpfützen, Regentonnen, Rinnsteine, Wasserbehälter, Tümpel, Gräben und Kloaken von US-Matrosen "petrolieren" zu lassen (verwendet wurde ein Gemisch aus Petroleum, Asphaltöl und Karbolsäure). Im Juli / August desselben Jahres waren in Habana daraufhin nur noch 5 Gelbfieber-Tote, danach bis 1905 überhaupt keine mehr zu verzeichnen. Trotzdem waren die Behörden von der Moskito-Theorie keineswegs überzeugt.

Anlässlich der schweren Gelbfieber-Epidemie in Habana setzte 1900 die US-Regierung eine Kommission zur Erforschung und Bekämpfung des Gelbfiebers in Habana ein: Leiter war Walter Reed (Stabsarzt im Rang eines Majors), J.W. Lazear als Entomologe, J. Carroll als Bakteriologe und A. Agramonte als Pathologe; letzterer war als einziger immun infolge überstandenen Gelbfiebers. Sie gingen wie folgt vor: Zuerst schlössen sie das als Erreger vermutete Bacterium icteroides aus, indem sie es als den bereits bekannten Erreger der Schweinecholera identifizierten. Danach wurde die weitere Suche nach dem Erreger aufgegeben, zugunsten der epidemiologisch wichtigeren Frage nach der Übertragung. Drei nicht immune Amerikaner, darunter ein Arzt waren bereit sich 20 Tage ausschließlich in zwei auf freiem Feld isoliert stehenden Baracken aufzuhalten, welche absolut frei von Mücken gehalten wurden. Dabei schliefen sie in Bettzeug und sogar Kleidern von an Gelbfieber Verstorbenen, die von deren Erbrochenem und Ausscheidungen verunreinigt waren. Damit überzeugten sie das Pflegepersonal von der Ungefährlichkeit des Kontaktes mit Gelbfieberkranken. Jetzt versuchten Lazear und Carroll Gelbfieber experimentell mit Stechmücken (Stegomyia fasciata syn. Aedes aegypti) im Selbstversuch experimentell zu übertragen.

Dies geschah während eines Aufenthaltes von W. Reed in Washington, da dieser ein solches Vorgehen als Leiter der Kommission nicht billigen durfte. Nach Losentscheidung ließ sich zuerst Lazear, der Entomologe, von einem aus dem Ei gezogenen Moskito stechen, der zuvor an einem Kranken gefüttert worden war. Er erkrankte nicht. Wir wissen heute: die Mücke war zu früh angesetzt worden. Carroll, der Bakteriologe, wiederholte diesen Versuch am 27.8.1900 mit mehreren Moskitos, die 2, 4, 6, 8 und 12 Tage zuvor an 4 verschiedenen Gelbfieberkranken gesaugt hatten. Er erkrankte nach einigen Tagen schwer, überlebte aber mit einem bleibenden Herzschaden, an dem er sieben Jahre später starb (wobei die Lebensversicherung seiner Witwe nur eine Teilsumme auszahlte). Einige Tage später (am 31.8.1900, vermutlich noch in der Inkubation von Carroll) ließ Lazear eine zufällig im Krankensaal anfliegende Mücke ungehindert an sich saugen. Er erkrankte und starb 12 Tage nach dem Stich unter den bekannten Symptomen an Gelbfieber, was durch Autopsie von Agramonte zweifelsfrei bestätigt wurde. Der erste, nicht ärztliche weiße Freiwillige war der US-Matrose John R. Kissinger, der dafür jede Belohnung ablehnte. Danach waren noch viele spanische Einwanderer für Geld zu weiteren Versuchen bereit.

In den Jahrzehnten zuvor war der Bau des Panama-Kanals durch eine französische Gesellschaft endgültig gescheitert. Er war von Lesseps und unter der Leitung des Hamburger Ingenieurs Dingler organisiert worden; dessen Frau, Sohn, Schwiegertochter und Tochter starben an Gelbfieber. Zwei Drittel aller weißen Mitarbeiter (9 800) hatten ihr Leben verloren. Unter den farbigen Arbeitern waren 20 000 Tote zu beklagen, wobei die Kreolen erheblich weniger betroffen waren, ein deutliches Zeichen einer Immunität bei Einheimischen. 25 Jahre zuvor waren beim Bau der Panama-Bahn bereits 20 bis 30 000 Menschen wegen Gelbfieber umgekommen und man hatte Lesseps bei einem ersten Besuch zu Beginn der Arbeiten 1881 vor Ort nachdrücklich gewarnt.

1906 entschied Theodore Roosevelt (l 901 -1909 Präsident der US A) nach harten Auseinandersetzungen zwischen dem Kriegsminister (Taft), der einen Dr. Wreight vorschlug (er sei "Praktiker", da er eine bakterielle Infektion vermutete) und dem Dekan der Medizinischen Fakultät (Welch), der empfahl, dass Gorgas ("Theoretiker", weil er die Moskito-Theorie vertrat) als der einzig richtige Mann auf seinem Posten zu belassen sei. Der Grund war ein nächtliches Gespräch des Präsidenten mit seinem Jugendfreund Alexander Lambert, einem Arzt, der auf Gorgas' Erfolge vertrauend die "Mosquito-Theory"' für richtig hielt. Gorgas betreute nun das inzwischen von den USA übernommene Projekt medizinisch. So wurde der Kanal in Rekordzeit von 1906 bis 1914 fertiggestellt. Wegen des gleichzeitig ausgebrochenen l. Weltkrieges ist dieser, in der Geschichte einmalige Erfolg in der vorbeugenden Bekämpfung einer so gefährlichen Krankheit, fast gänzlich untergegangen. Gorgas organisierte daraufhin den beispielhaften Sanitätsdienst der US-Truppen in Europa mit Ärzten, Pflegepersonal und Hospitälern. Danach leitete er die Bekämpfung des Gelbfiebers in ganz Süd- und Mittelamerika, so dass es bis 1922 nur noch in zwei Städten Brasiliens und in Mexiko vorkam.

"Teddy" Roosevelt trat, wie der Kanalbau zeigt, für eine imperialistische Politik der USA ein. Er vermittelte den Frieden im russisch-japanischen Krieg (Friedensnobelpreis 1906). Außerdem widmete er sich sozialen Fragen, richtete die ersten Naturschutzgebiete und Naturparks der USA ein und organisierte die erste US-nationale Umweltkonferenz. Er nahm später an einer 2½ Monate dauernden wissenschaftlichen Expedition in weit entlegene Teile des Amazonasgebietes teil, auf der drei Mitglieder starben. Er schrieb darüber ein Buch und veröffentlichte Karten und Fotos

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